Geheime Verschlusssache



Technischer Befund der Kommission zur Aufklärung der Ursachen der Katastrophe mit dem Gerät 8K64 Nr. LD1-ST während seiner Vorbereitung zum Start durch das Truppenteil 11284 am 24. Oktober 1960

Das Gerät 8K64 Nr. LD1-ST wurde am 21. Oktober d.J. 8.00 Uhr in die Startstellung gebracht.
Die Vorbereitung des Gerätes zum Start erfolgte ohne wesentliche Beanstandungen bis zum 23. Oktober 18:00 Uhr, danach wurde sie gestoppt, weil bei der Durchführung der anstehenden Operation - des Durchtrennens der Pyromembran für die Oxidatorleitung der zweiten Stufe - folgende Anormalitäten festgestellt wurden:
1. Anstelle der Pyromembran für die Oxidatorleitung der zweiten Stufe wurde die Pyromembran für die Brennstoffleitungen der ersten Stufe gezündet.
2. Einige Minuten nach Durchtrennung der angegebenen Pyromembran zündeten die Pyropatronen der Sperrventile des Gasgenerators des ersten Blocks des Marschtriebwerkes der ersten Stufe selbsttätig.
Im Ergebnis der folgenden Ursachenaufklärung des Auftretens der angeführten Anormalitäten wurde am 24. Oktober die Vorbereitung abgebrochen, weil die unrichtige Ausführung des Scherkommandos der Pyromembran und des selbsttätigen Ansprechens der Pyropatronen des Gasgenerators wegen Konstruktions- und Produktionsfehler des Schaltpultes, das im OKB-692 des GKRE entwickelt wurde, erfolgte.
Infolge derselben Ursache wurde der Hauptverteiler A-120 zerstört (das Bordkabelnetz wurde dabei nicht beschädigt). Auf Entschluss der technischen Versuchsleitung wurden die Sperrventile des Gasgenerators und das Gerät A-120 gewechselt. Außerdem wurde die Entscheidung zum Durchtrennen der Trennmembranen der zweiten Stufe statt mit dem Schaltpult mittels autonomer Stromkreise gespeist von selbständigen Stromquellen gefällt. Nach dieser Arbeit wurde die Startvorbereitung des Gerätes fortgesetzt.
Im Durchführungsprozess der weiteren Operationen zur Vorbereitungs des Gerätes brach am 24. Oktober 1960 um 18.45 Uhr Ortszeit an dem Gerät im Bereich der Hecksektion der zweiten Stufe das Feuer aus, das zur Zerstörung des Geräts und der Aggregate der Bodenausrüstung führte, die sich zu dieser Zeit auf dem Startplatz im Bereich des Starttisches befanden.
Das Feuer entstand nach dem Auslösen der Ein-Stunden-Bereitschaft während des Prozesses der Rückführung der Schrittmotoren des Lenksystems in die Ausgangslage.
In diesem Moment wurden an Bord des Gerätes die Membranen der Leitungen für den Oxidator und für den Brennstoff des Marsch- und des Steuertriebwerkes der zweiten Stufe durchtrennt, die Hermetisierung der Leitungen überprüft und entsprechend der Anweisung der technischen Leitung die am Boden befindlichen Ampullenbatterien der ersten und zweiten Stufe zugeschaltet.
Die Ursache der Brandentstehung im Gerät lag im vorzeitigen Ansprechen des elektropneumatischen Ventils (EPV) WO-8 für den Druck an die Startbehälter, hervorgerufen durch das Kommando des programmierbaren Stromverteilers beim Übergang in die Nulllage (Ausgangslage) der Schrittmotoren des Lenksystems. Das Ansprechen des EPV WO-8 außerhalb der Reihenfolge, führte zum Anlaufen des Marschtriebwerks der 2. Stufe.
Es bleibt zu bemerken, dass das Feuer im Gerät nicht ausgebrochen wäre, wenn im gegebenen Fall der Rückführung der Schrittmotoren des Lenksystems in die Nulllage unter Abschaltung der Bordbatterien ausgeführt worden wäre, wie es laut technologischem Plan vorgesehen war. Der Fakt des Ansprechens des EPV WO-8 und das Anlaufen des Marschtriebwerkes der 2. Stufe wurde durch die Kommission auf dem Wege der Analyse der technischen Dokumentation und gleichzeitig durch den Zustand der Reste materieller Geräteteile bekräftigt (siehe Besichtigungsakt der Gerätereste).
Die weiterführende Analyse des Komplexschemas des Lenksystems zeigte, dass das Schema die Möglichkeit des vorzeitigen Ansprechens des EPV WO-8 beim Durchführen der Operation zur Startvorbereitung in den Fällen nicht ausschloss, wenn man die Rückführung des Lenksystems nach Durchtrennung der Membran und der Zuschaltung der Batterien ausführte (beispielsweise bei der Notwendigkeit der Richtungsänderung des Schießens bei langer Verzögerung und bei der Vorbereitung des Gerätes zum Start, bei Präzisierung des Schemas).

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Jangel
Budnik
Gluschko
Tabakow
I. Iwanow
Ischlinskij
Tretjakow
Kusnezow
Tjulin
Josifjan
Medwedjew
Zezior
Doroschenko
Bokow
Matrenin
Worobjow
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Quelle:
Archiv des Präsidenten der Russischen Föderation, Fond 3 Abt. 50 Sache 409 Blatt 55-58