Stationierung von Mittelstreckenraketen in Europa ab 1958

1958 eröffneten die USA mit der Stationierung von nuklearen Mittelstreckenraketen in Europa ein gefährliches Spiel, das in der Kubakrise gipfelte. In England stationierte man 60 Raketensysteme vom Typ THOR, in Italien 30 Raketensysteme und in der Türkei 15 Raketensysteme vom Typ Jupiter. Großbritannien verfolgte 1958 eine Counter-City-Strategy, die 131 Städte der Länder des Warschauer Vertrages ins nukleare Visier nahm (Siehe Luftmarschall Tuttle ans britische Verteidigungsministerium 1. April 1958). In Reichweite der THOR-Raketen lagen 46 Großstädte, darunter Moskau.

Einen Schritt zur Kompensierung des möglichen nuklearen Enthauptungsschlages stellte die Stationierung von 4 R-5M-Raketen (SS-3) in der DDR dar. Am Ende des Jahres 1958 verlegte die 72. Ingenieurbrigade - Kommandeur Oberst Cholopow - zwei Raketenabteilungen nach Vogelsang und Fürstenberg. Im Sommer 1959 zog die Sowjetunion diese Raketen wieder ab - vermutlich wegen der Indienststellung der Rakete R-12 (SS-4) - mit der vom sowjetischen Territorium die meisten Punkte in Europa bekämpft werden konnten. Erst nach Zerfall der Sowjetunion wurde dieser Teil der Geschichte des Kalten Krieges bekannt.

Im Brief vom 27. Oktober 1962 schreibt Chruschtschow an Kennedy: "Ihre Raketen stehen in Großbritannien, in Italien und sind gegen uns gerichtet. Ihre Raketen stehen in der Türkei. Sie sind beunruhigt über Kuba. Sie sagen, das beunruhigt Sie, weil es nur 150 Kilometer vor der Küste der Vereinigten Staaten von Amerika liegt. Aber die Türkei grenzt an unser Land; unsere Wachposten patrouillieren hin und her und können einander sehen. Meinen Sie denn, Sie hätten das Recht, Sicherheit für Ihr Land zu verlangen und den Abzug der Waffen zu fordern, die Sie offensiv nennen, uns aber dasselbe Recht nicht zuzugestehen? Sie haben vernichtende Raketenwaffen, die Sie offensiv nennen, in der Türkei stationiert, buchstäblich in nächster Nähe unseres Landes. Wie läßt sich denn die Anerkennung unserer gleichwertigen militärischen Stärke mit so ungleichen Beziehungen zwischen unseren großen Staaten vereinbaren? Das ist unvereinbar." Zwei Jahre nach der Kubakrise und ein Jahr nach dem Tod des US-Präsidenten wurden die Raketen abgezogen.