Kubakrise 1962
Die Kubakrise - auch Karibik-Krise, Raketenkrise oder Oktoberkrise genannt - fiel in die Zeit des "Kalten Krieges".
Der "Kalte Krieg" war wesentlich durch die dauernde Vorbereitung auf einen "heißen" Krieg gekennzeichnet.
Es war eine Zeit, in der der Sozialismus an ökonomischer und militärischer Macht gewann,
eine Zeit, in der die nationale Befreiungsbewegung in vielen Ländern das alte Kolonialsystem abwarf.
Die Kubakrise war der Höhepunkt des "Kalten Krieges", da der pulsierende Konflikt
zwischen den gesellschaftlichen Systemen durch bedeutende Umwälzungen im Militärwesen
die Menschheit an einen Scheideweg brachte: entweder Stabilität oder nukleare Weltkatastrophe.
Das ist das Besondere an der Kubakrise: neue Waffen- Raketenkernwaffen- wurden als Mittel der Politik
vor einem möglichen Krieg gehandhabt. Es war ein Konflikt, der auch sofort globalen Charakter annahm.
Wie viele politischen Krisen entwickelte er sich auf militärischer, diplomatischer, ökonomischer
und informeller Ebene.
Der Anlass, und wohlgemerkt nicht die Ursache, war die Stationierung sowjetischer Kernwaffen auf kubanischem Boden.
Die sowjetische Seite plante, über 44000 Armeeangehörige nach Kuba zu entsenden.
Dazu wurde unter der Bezeichnung "Operation Anadyr" eine der größten Truppenverlegungen der Welt geplant.
Die Sowjetunion wollte Kuba vor einer Invasion bewahren. Die Möglichkeit der Invasion beruhte auf Tatsachen.
Da gab es nicht nur eine gescheiterte Invasion in der Schweinebucht 1961,
sondern auch Tausende von Untergrundaktionen im Rahmen der "Operation Mongoose" und operative Angriffspläne
auf Seiten der Militärs:
- OPLAN 312-62 für einen Luftangriff auf Kuba,
- OPLAN 314-62 für eine Invasion mit 18 Tagen Vorbereitung und
- OPLAN 316-62 für ein schnelles Eingreifen.
Erstaunlicherweise bekam die US-Administration erst am 14.10.62 konkrete Anhaltspunkte
für eine Stationierung der Strategischen Raketentruppen auf Kuba. Entgegen dem Völkerrecht
wurden Luftaufnahmen von R-12-Startstellungen über der Insel gemacht. Als John F. Kennedy am 22.10.62
in einer Rundfunk- und Fernsehansprache die sowjetische Raketenstationierung aufdeckt, wird die Krise offenkundig.
Er verhängt eine Seeblockade (Quarantäne) im Umkreis von 500 Meilen vor Kuba.
Militärisch war die Krise von amerikanischer Seite nicht bloß auf die Blockademaßnahmen
seitens der US-Navy beschränkt, die durchschnittlich 46 Schiffe, 240 Flugzeuge und 30000 Mann
zur ihrer Sicherstellung einsetzte. Unter dem Deckmantel des länger geplanten amphibischen
Landungsmanövers PHIBRIGLEX 62 übten die Marines vom 22.-25.10. auf der Insel Viques bei Puerto Rico
den Sturz des Diktators Ortsac (man lese den Namen von rechts nach links). Wie nahe die Konfrontation
an einem nuklearen Weltkrieg war, zeigten die Einsätze der Luftwaffe:
672 Bomber vom Typ B-47 bzw. B-52 wurden auf 33 Flugplätzen in einer höheren Stufe der
Gefechtsbereitschaft gehalten. Davon befanden sich 60 B-52 ständig im Luftraum.
Die 172 Interkontinentalraketen "Atlas" und "Titan I" befanden sich ebenfalls auf Präsidentenanweisung
in erhöhter Gefechtsbereitschaft. Das heißt, dass 2858 Kernwaffeneinsatzmittel militärisch
die Inszenierung der Krise unterstützten.
Glücklicherweise fand dieser mögliche Weltkrieg nicht statt. Am 27.10.62 gab Nikita Chruschtschow
in einem Brief den Abzug der sowjetischen Raketen bekannt.
Immer wieder wurde die Frage nach Siegern und Verlierern dieser gefährlichen Episode gestellt.
Dabei wurde vergessen, dass es bei dieser Kräftekonstellation eigentlich nur Sieger oder
nur Verlierer geben konnte. Denn Anfang der 60-er Jahre befand sich die Menschheit
durch die massenhafte Einführung von Kernwaffeneinsatzmittel an einer Schwelle der Kriegführung.
Der politische Zweck heiligte nicht mehr die Mittel des Krieges, da diese nur noch einen Zweck haben konnten:
die Menschheit zu vernichten. Die USA mussten ihre Militärdoktrin der "massiven Vergeltung" verändern
zur "flexiblen Reaktion". Die sowjetische Militärdoktrin, die entsprechend der Rede des sowjetischen
Verteidigungsministers Rodion Malinowski auf dem Parteitag der KPdSU von 1961
von einem Sieg in einem vom imperialistischen Aggressor ausgelösten Kernwaffenkrieg ausging,
musste sich ebenfalls wandeln.